- Swift
- Swịft,1) Graham Colin, englischer Schriftsteller, * London 4. 5. 1949; zählt zu den anregendsten Erzählertalenten der 80er-Jahre. Seine dem magischen Realismus nahe stehenden Romane, von denen besonders »Waterland« (1983; deutsch »Wasserland«) breite Beachtung fand, setzen sich intensiv mit Verflechtungen von Geschichte, Natur und subjektiver Erinnerung auseinander.Weitere Werke: Romane: The sweet shop owner (1980; deutsch Ein ernstes Leben); Shuttlecock (1981; deutsch Alias Federball); Out of this world (1988); Even after (1992; deutsch Von jenem Tage an); Last orders (1996; deutsch Letzte Runde).Erzählungen: Learning to swim and other stories (1982).2) Jonathan, irischer Schriftsteller, * Dublin 30. 11. 1667, ✝ ebenda 19. 10. 1745; Sohn aus England stammender Eltern; der Vater starb noch vor seiner Geburt, und Swift war von der Gunst Verwandter abhängig. Nach dem Studium der Theologie in Dublin ab 1689 Sekretär des Staatsmannes und Schriftstellers Sir William Temple (* 1628, ✝ 1699) in Farnham (County Surrey), wo er die junge Esther Johnson (* 1681, ✝ 1728; die »Stella« seiner Tagebücher) kennen lernte, zu der er bis zu ihrem Tod eine nicht näher geklärte Beziehung unterhielt. Nach kürzeren Aufenthalten kehrte Swift 1699 endgültig nach Irland zurück, wo er ein Auskommen als Geistlicher (ab 1713 Dekan von Saint Patrick's in Dublin) fand. Anlässlich häufiger Reisen nach London, wo er mit Schriftstellerkollegen wie J. Gay, A. Pope, W. Congreve und J. Arbuthnot dem »Scriblerus-Club« angehörte, war Swift auch politisch aktiv, zunächst aufseiten der Whigs; wegen seiner Loyalität zur anglikanischen Hochkirche wechselte er jedoch später zu den Tories. In London verfasste er sein »Journal to Stella« (entstanden 1710-13, erste vollständige Ausgabe 1784; deutsch »Tagebuch in Briefen an Stella«, auch unter dem Titel »Tagebuch für Stella«), das als sein persönlichstes Werk gilt und - neben den Briefen an »Vanessa« (Esther Vanhomrigh, * 1690, ✝ 1723), die ebenfalls eine Rolle in seinem Leben spielte - zu den Höhepunkten der Briefliteratur gezählt werden kann. Der für ihn als typisch angesehene bitter-misanthropische Ton prägt seine stilistisch geschliffenen Prosasatiren, so »A tale of a tub« (1704; deutsch »Des berühmten Herrn D. Schwifts Mährgen Von der Tonne«), eine hintergründige und dank vieler Abschweifungen facettenreiche Allegorie über den Streit der Konfessionen, und »A full and true account of the battel fought last Friday, between the antient and the modern books in Saint James's library« (1704; deutsch »Ein ausführlicher und wahrhaftiger Bericht über die Schlacht. .. zwischen den alten und den modernen Büchern. ..«), einem witzigen Streit um die Vorbildhaftigkeit der Klassiker. In der Pamphletserie »The Drapier's letters« (1724; deutsch »Tuchhändlerbriefe«) und der drastischen Satire »A modest proposal. ..« (1729) setzte er sich für irische Belange ein. Sein bis heute bekanntestes Werk ist der realistisch-fantastische Reisebericht »Travels into several remote nations of the world« (2 Bände, 1726; deutsch »Des Capitains Lemuel Gulliver Reisen in unterschiedliche entfernte und unbekannte Länder«), der anhand der Erlebnisse des Schiffsarztes Gulliver bei den Liliputanern und bei den Riesen die Relativität menschlicher Selbsteinschätzung ironisch gestaltet (diese Teile wurden auch zu einem Klassiker der Jugendliteratur), während Gullivers Reisen zu den Wissenschaftlern und zu den weisen Pferden mit bitterem Zynismus den Glauben an die menschliche Rationalität attackieren. - Swift, nach Stellas Tod 1728 zunehmend hinfällig und vereinsamt, starb in geistiger Umnachtung.Ausgaben: The correspondence, herausgegeben von H. Williams, 5 Bände (Neuausgabe 1965-72); The poems, herausgegeben von demselben, 3 Bände (21966); The prose writings, herausgegeben von H. Davis, 16 Bände (Neuausgabe 1965-74).Ausgewählte Werke, herausgegeben von A. Schlösser, 3 Bände (31991).J. F. Wittkop: J. S. in Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten (14.-16. Tsd. 1981);I. Ehrenpreis: S. The man, his works, and the age, 3 Bde. (Neuausg. London 1983);J. A. Downie: J. S. Political writer (ebd. 1984);Essential articles for the study of J. S.'s poetry, hg. v. D. M. Vieth (Hamden, Conn., 1984);The genres of Gulliver's travels, hg. v. Frederik N. Smith (Newark, Del., 1990);J. McMinn: J. S. A literary life (Basingstoke 1991).
Universal-Lexikon. 2012.